Wirbelsäulenfreiheit/Spine-free oder nicht?

Da ich häufig höre, mit Rentierfell oder Hirschfell würde die Kammer des Sattels zu eng werden und es wäre eine vorherige Anpassung durch den Sattler notwendig, um ein Wildfell zu benutzen, hier mal einige Gedanken zu diesem Thema:

Nachdem ich häufig darauf angesprochen werde, wie es denn bei meinen Sattelfellen mit der Wirbelsäulenfreiheit aussieht, habe ich beschlossen, das ganze aus meiner Sicht zu erläutern:

Nicht dass auch namhafte Hersteller von Lammfellprodukten ihre Sattelunterlagen mit und ohne Wirbelsäulenfreiheit herstellen - ich wollte mir aber schon immer mal ein paar Gedanken über das Für und Wider von Satteldecken mit und ohne Wirbelkanal machen.

 

Bei herkömmlichen Sätteln mit Sattelbaum sowie bei Westernsätteln entsteht der sogenannte Wirbel- oder Kissenkanal durch die Form des Sattelbaums. Der Wirbelkanal muss so breit sein, dass die Kissen zu keiner Zeit – auch nicht in den Wendungen – an die Wirbelsäule des Pferdes anstoßen.

Legen wir unter solch einen Sattel eine dicke polsternde Unterlage wird auch diese, in dem Bereich in dem keine Kissen oder kein Sattelbaum auf dem Pferderücken aufliegt, diesen nicht deutlich belasten.

Bleiben wir erst einmal bei den Wild-Sattelfellen für herkömmliche Baumsättel. 

Im Gegensatz zu Lammfellunterlagen ist das Winterfell von Rentieren und Rehen so aufgebaut, dass zwischen den Haaren ein Luftpolster entsteht. Dicht an der Haut sitzen feine Wollhaare zur Kälteregulation, die langen Grannenhaare leiten Schnee und Wasser ab. In diesen langen Haaren existieren Luftkammern (Luftvakuolen) um eine größtmögliche Kälteregulation zuzulassen. Zwischen Woll- und Grannenhaaren entsteht das Luftpolster, dass unseren Pferden mit diesen Wildfell-Sattelunterlagen zugute kommt. Kein Hitzestau unter den Polstern und kein Druck im Bereich des Kissenkanals.

Natürlich kommt es auch ein wenig auf die Form des Rückens an, mit dem das Pferd unser Gewicht tragen muss. Hier gibt es – um zwei deutlich unterschiedliche Typen zu nennen: 

Typ 1 - die rundrippigen Pferde mit einer gut in Muskulatur eingebetteten Wirbelsäule.

Typ 2 - Pferde, bei denen die Wirbelsäule deutlich heraussteht, das kann typbedingt sein, wie bei einigen Gangpferderassen oder bedingt durch Krankheit, Gewichtsverlust oder fehlende Muskulatur.

Typ 2 würde ich aufgrund der herausstehenden Dornfortsätze Lammfellunterlagen MIT Wirbelsäulenfreiheit empfehlen, da diese Decken häufig sehr schwer sind und sich unter dem Sattel auf den Rücken ziehen.

Lammfell ist ein sehr dichtes Fell und lässt wenig Luft an die Haut, daher werden Unterlagen dieser Art gerne mit einer Dornfortsatz-Freiheit angeboten um in diesem Bereich die Luftzirkulation zu gewährleisten. 

Eine anatomisch geschnittene Sattelunterlage aus Rentierfell braucht diese Option nicht, sie ist superleicht und es kann durch die Formgebung kein Druck auf die Dornfortsätze entstehen, im Gegenteil – durch das dichte dämpfende Fell werden diese empfindlichen Teile der Wirbelsäule zusätzlich vor Stößen durch die Sattelkissen geschützt.

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Aufgrund der besonderen Struktur von Reh- und Rentierfell ist eine besondere Beachtung von Luftzirkulation nicht notwendig. Die Pferde schwitzen unter diesen Decken deutlich weniger, der Schweiß wird durch die Grannenhaare abgeleitet, Pferd und Decke sind schneller wieder trocken.

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